09.01.2020

Keine Erbschaftsteuerbefreiung für Familienheim bei anschließender Übertragung unter Nießbrauchsvorbehalt

Die Erbschaftsteuerbefreiung für die Vererbung des Familienheims an den Ehegatten ist rückgängig zu machen, wenn der überlebende Ehegatte das Familienheim innerhalb von zehn Jahren überträgt. Dies gilt auch dann, wenn der überlebende Ehegatte die Selbstnutzung aufgrund eines lebenslangen Nießbrauchsrechts fortsetzt.

Hintergrund: Ein Familienheim, in dem sich der Mittelpunkt des Haushalts befindet, kann unter Ehegatten steuerfrei vererbt werden. Die bisherige Selbstnutzung muss vom überlebenden Ehegatten aber grds. innerhalb der nächsten zehn Jahre fortgesetzt werden. Anderenfalls fällt die Steuerbefreiung rückwirkend weg.

Sachverhalt: Die Klägerin erbte am 3.5.2013 von ihrem Ehemann einen hälftigen Miteigentumsanteil am Einfamilienhaus, in dem die Klägerin zusammen mit ihrem verstorbenen Ehemann bis zu seinem Tod gewohnt hatte. Die Klägerin blieb in dem Einfamilienhaus wohnen. Sie übertrag aber das Eigentum an dem Einfamilienhaus am 15.10.2014 auf ihre Tochter und behielt sich einen lebenslangen Nießbrauch vor, so dass die Klägerin auch weiterhin in dem Haus wohnte. Das Finanzamt machte aufgrund der Übertragung vom 15.10.2014 die Steuerbefreiung für den geerbten Miteigentumsanteil rückgängig.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab:

  • Zwar war die Vererbung des hälftigen Miteigentumsanteils zunächst erbschaftsteuerfrei. Denn bei dem Einfamilienhaus handelte es sich um das Familienheim der Ehegatten, das steuerfrei vererbt werden kann.
  • Diese Erbschaftsteuerbefreiung fiel aber aufgrund der Übertragung vom 15.10.2014 rückwirkend weg, weil die Klägerin das Eigentum an dem Einfamilienhaus auf ihre Tochter übertrug und die Zehn-Jahres-Frist noch nicht abgelaufen war.
  • Der Gesetzgeber verlangt zwar ausdrücklich nur, dass der Erbe die Selbstnutzung für zehn Jahre fortführt. Der Gesetzgeber hat aber nicht ausdrücklich geregelt, dass der Erbe auch Eigentümer in diesem Zeitraum bleiben muss. Im Wege der Gesetzesauslegung ergibt sich aber, dass der Erbe auch Eigentümer bleiben muss. Denn es muss sich um eine „Selbstnutzung“ zu „eigenen“ Wohnzwecken handeln; diese sprachliche Doppelung bringt zum Ausdruck, dass die Selbstnutzung in den eigenen Räumen erfolgen muss. Zudem wollte der Gesetzgeber die Substanz des begünstigten Immobilienvermögens erhalten, so dass nur das familiäre Wohnen als Eigentümer steuerlich begünstigt ist, nicht aber das Wohnen als Mieter oder Nießbraucher. Anderenfalls könnte der Erbe das geerbte Familienheim sogleich weiterveräußern.
  • Die Steuerbefreiung kommt auch nicht deshalb in Betracht, weil die Übertragung auf die Tochter der Klägerin vorgenommen worden ist. Zwar können auch Kinder ein Familienheim steuerfrei erben, soweit die Größe des Familienheims 200 qm nicht übersteigt. Dennoch können beide Steuerbefreiungen nicht miteinander vermengt werden.

Hinweise: Das Urteil macht deutlich, dass die Steuerbefreiung für das Familienheim restriktiv ausgelegt wird. Steuerlich schädlich wäre es auch, wenn der Vater sein Kind als Erbe des Familienheims eingesetzt hätte und seiner Ehefrau einen lebenslangen Nießbrauch als Vermächtnis zugewendet hätte. Denn der selbstnutzende Ehegatte wäre nicht Eigentümer, während das Kind das Familienheim nicht selbstnutzen würde.

Quelle: BFH, Urteil v. 11.7.2019 – II R 38/16

Hinweis: Dieser Artikel ist vom 09.01.2020. Bitte achten Sie darauf, dass Informationen zu der genannten Thematik bereits überholt sein könnten.

09.01.2020

NWB Rechnungswesen - BBK

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