21.05.2015

Nachträgliche Verlustfeststellung trotz fehlenden ESt-Bescheids

Der Steuerpflichtige kann auch dann noch für vergangene Veranlagungszeiträume eine Verlustfeststellung beantragen, wenn ein Einkommensteuerbescheid nicht ergangen ist und wegen der Festsetzungsverjährung auch nicht mehr ergehen kann. Relevant wird dies, wenn nachträglich Verluste aufgrund von Ausbildungskosten geltend gemacht werden.

Seit 2010 kann ein Verlust zum 31.12. eines Veranlagungszeitraums nur in der Höhe festgestellt werden, in der er sich aus dem ESt-Bescheid ergibt. Der ESt-Bescheid hat also faktisch eine Bindungswirkung. Diese Bindungswirkung besteht nach dem BFH-Urteil vom 13.01.2015 aber nur, wenn es tatsächlich einen ESt-Bescheid gibt. Ist ein ESt-Bescheid nicht erlassen worden, darf das FA den Erlass eines Verlustfeststellungsbescheids nicht verweigern; die Höhe des Verlustes kann dann anhand der nachträglich eingereichten Unterlagen ermittelt und festgestellt werden.

Hinweis: Die Bindungswirkung des ESt-Bescheids ist nicht tragisch, solange die Festsetzungsverjährung für die ESt-Festsetzung noch nicht abgelaufen ist. Denn dann kann der Steuerpflichtige noch nachträglich eine ESt-Erklärung abgeben, in der er einen Verlust geltend macht (siehe Beispiel unten). Die Verjährungsfrist beträgt aber für die ESt-Erklärung nur vier Jahre, wenn lediglich Verluste geltend gemacht werden. Denn dann gibt es keine Erklärungspflicht und somit auch keine dreijährige Anlaufhemmung gem. § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO.

Problematisch wird es daher nach Ablauf der vierjährigen Festsetzungsverjährung für die ESt-Festsetzung. Hier kommt dem Steuerpflichtigen zugute, dass sich die Verjährungsfrist für die Verlustfeststellung um drei Jahre auf sieben Jahre verlängert, weil es insoweit eine Erklärungspflicht gibt (§ 181 Abs. 2 AO).

Beispiel: A will im Jahr 2015 Kosten seiner Pilotenausbildung in den Jahren 2008 bis 2011 in Höhe von jeweils 10.000 € als vorweggenommene Werbungskosten geltend machen. Er hat keine ESt-Erklärungen für 2008 bis 2011 abgegeben, weil er keine Einnahmen hatte. Daher liegen auch keine ESt-Bescheide für 2008 bis 2011 vor.

Lösung: Für 2011 kann A im Jahr 2015 noch eine ESt-Erklärung einreichen, in der die Ausbildungskosten geltend gemacht werden, weil die vierjährige Festsetzungsverjährungsfrist erst zum 31.12.2015 abläuft. Das FA erlässt dann einen ESt-Bescheid für 2011 mit negativen Einkünfte in Höhe von 10.000 € und einer ESt in Höhe von 0 € sowie zugleich einen Verlustfeststellungsbescheid.

Für die Jahre 2008 bis 2010 ist die vierjährige Festsetzungsverjährung für die ESt-Festsetzung zwar bereits eingetreten, nicht aber die Feststellungsverjährung für den Verlustfeststellungsbescheid. A reicht daher Verlustfeststellungserklärungen für 2008 bis 2010 ein. Das FA erlässt nun Verlustfeststellungsbescheide zum 31.12.2008 über 10.000 €, zum 31.12.2009 über 20.000 €, zum 31.12.2010 über 30.000 € und zum 31.12.2011 über 40.000 € Verlust. Sobald A als Pilot Einkünfte erzielt, kann er den Verlust von 40.000 € von seinen Einkünften abziehen.

Ob Ausbildungskosten tatsächlich zu Werbungskosten führen oder dem Abzugsverbot des § 12 Nr. 5 EStG unterliegen, muss das BVerfG entscheiden. Bis dahin sollten Ausbildungskosten vorsorglich als Werbungskosten oder Betriebsausgaben nachträglich geltend gemacht werden.

Das BFH-Urteil vom 13.01.2015 - IX R 22/14 finden Sie in der NWB-Datenbank.

Hinweis: Dieser Artikel ist vom 21.05.2015. Bitte achten Sie darauf, dass Informationen zu der genannten Thematik bereits überholt sein könnten.

21.05.2015

NWB-Rechnungswesen - BBK

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