29.08.2016
Fällt bei einem Unternehmer, der seinen Gewinn durch Einnahmen-Überschussrechnung ermittelt, die Einkünfteerzielungsabsicht weg, führt dies nicht zu einer Betriebsaufgabe. Die stillen Reserven der Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens müssen damit zunächst nicht versteuert werden. Erst bei der späteren Veräußerung oder Entnahme kommt es zu einer Versteuerung der im Zeitpunkt des Strukturwandels vorhandenen stillen Reserven.
Hintergrund: Die Berücksichtigung steuerlicher Verluste setzt die sog. Einkünfteerzielungsabsicht voraus, also die Absicht, über die gesamte Dauer der Tätigkeit einen Gewinn zu erzielen. Fehlt die Einkünfteerzielungsabsicht, spricht man von einer Liebhaberei; die Verluste werden dann nicht berücksichtigt. Hat die Einkünfteerzielungsabsicht zunächst bestanden und fällt sie zu einem späteren Zeitpunkt weg, spricht man von einem sog. Strukturwandel, so dass die Verluste ab diesem Zeitpunkt nicht mehr berücksichtigt werden.
Streitfall: Der Kläger betrieb einen Spielwarenladen und ermittelte seinen Gewinn durch Einnahmen-Überschussrechnung, d.h. nach Zufluss- und Abflussgrundsätzen. Ab dem 01.01.2001 hatte er keine Einkünfteerzielungsabsicht mehr, so dass der Betrieb nur noch als Liebhaberei anzusehen war. Der zum 31.12.2000 vorhandene Warenbestand betrug ca. 285.000 DM; der Erwerb der Waren hatte sich bis zum Jahr 2000 in voller Höhe gewinnmindernd ausgewirkt. Das Finanzamt ging von einer Betriebsaufgabe zum 01.01.2001 aus und ermittelte nach Abzug eines Bewertungsabschlags von 25 % einen Warenwert von ca. 214.000 DM, den es bei der Berechnung eines Aufgabegewinns zu Lasten des Klägers berücksichtigte.
Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage im Grundsatz statt, verwies die Sache aber zur weiteren Aufklärung an das Finanzgericht (FG) zurück:
Hinweise: Das Urteil betrifft das Umlaufvermögen im Rahmen der Einnahmen-Überschussrechnung, dessen Erwerb sich in voller Höhe gewinnmindernd ausgewirkt hat. Bei der Bilanzierung hat sich der Erwerb des Umlaufvermögens hingegen noch nicht gewinnmindernd ausgewirkt.
Das Urteil des BFH führt dazu, dass bei der Einnahmen-Überschussrechnung allein der Strukturwandel keine Gewinnbesteuerung der stillen Reserven des Umlaufvermögens auslöst, sondern erst die spätere Veräußerung oder Entnahme, und auch nur in Höhe des Warenwerts im Zeitpunkt des Strukturwandels. Spätere Wertveränderungen, d.h. nach dem Übergang zur Liebhaberei, werden nicht besteuert. Der Unternehmer kann aber auch freiwillig eine Betriebsaufgabe erklären oder zur Bilanzierung übergehen; es kommt dann zu einer sofortigen Versteuerung der stillen Reserven im Zeitpunkt des Strukturwandels.
Beim Anlagevermögen gibt es eine ausdrückliche Regelung, nach der die Höhe der stillen Reserven des Anlagevermögens auf den Zeitpunkt des Strukturwandels durch einen Bescheid festzustellen sind, und zwar sowohl im Fall der Einnahmen-Überschussrechnung als auch bei der Bilanzierung. Dies stellt sicher, dass im Fall der späteren Veräußerung oder Entnahme der Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens die festgestellten stillen Reserven versteuert werden.
Quelle: BFH-Urteil vom 11.05.2016 – X R 61/14
Hinweis: Dieser Artikel ist vom 29.08.2016. Bitte achten Sie darauf, dass Informationen zu der genannten Thematik
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