02.11.2018

Verfassungswidrigkeit des Zinssatzes für Steuerzahlungen ab 2014

Das Finanzgericht Münster (FG) hält den Zinssatz von 6 %, der für Nachzahlungen und für die Aussetzung der Vollziehung gilt, ab dem 1.1.2014 bis zum 31.3.2015 für verfassungswidrig, soweit er einen Zinssatz von 3 % übersteigt. Für die Zeit bis zum 31.12.2013 ist der Zinssatz von 6 % nach Ansicht der Gerichts allerdings nicht zu beanstanden.

Hintergrund

Kommt es zu einer Nachzahlung oder zu einer Aussetzung der Vollziehung, ist der Nachzahlungsbetrag mit 0,5 % monatlich, also mit 6 % jährlich, zu verzinsen. Die Höhe dieses Zinssatzes liegt über dem aktuellen Marktzinssatz und wird daher von Fachleuten für verfassungswidrig gehalten. So hat der Bundesfinanzhof (BFH) in einem Eilverfahren vor kurzem den Zinssatz für den Zeitraum ab dem 1.4.2015 als verfassungswidrig angesehen.

Sachverhalt

Die Kläger hatten mit Erfolg eine Aussetzung der Vollziehung für ein Einspruchs- und Klageverfahren beantragt. In dem Verfahren ging es um eine hohe Steuerfestsetzung. Sie verloren jedoch nach mehreren Jahren Verfahrensdauer die Klage und wurden nun mit einer Zinsfestsetzung für die Aussetzung der Vollziehung in Höhe von ca. 61.000 € für den Zeitraum 2004 bis 2018 konfrontiert. Sie legten gegen die Zinsfestsetzung Einspruch ein und beantragten nun die Aussetzung der Vollziehung der Zinsfestsetzung, weil sie den Zinssatz von 6 % für verfassungswidrig hielten. Das Finanzamt gewährte die Aussetzung der Vollziehung der Zinsfestsetzung nur für den Zeitraum ab dem 1.4.2015, weil insoweit der BFH den Zinssatz bereits als verfassungswidrig angesehen hat.

Entscheidung

Das FG gab dem Antrag teilweise statt, nämlich für den Zeitraum vom 1.1.2014 bis zum 31.3.2015:

  • Für den Zeitraum vom 1.1.2014 bis zum 31.3.2015 ist der Zinssatz von 6 % verfassungswidrig. Verfassungsgemäß wäre ein Zinssatz von 3 %; daher ist für diesen Zeitraum die Aussetzung der Vollziehung zur Hälfte zu gewähren.
  • Im Jahr 2014 lagen nur noch wenige Kreditarten über dem steuerlichen Zinssatz von 6 %, z.B. Konsumentenkredite mit einer Laufzeit von mehr als fünf Jahren (Zinssatz von 7,6 %) und Kreditkartenkredite (Zinssatz von 9,2 %). Die meisten anderen Kredite hatten einen Zinssatz von unter 3 %. Daher ist ein Zinssatz von 3 % noch als verfassungsgemäß anzusehen.
  • Für die Zeiträume bis zum 31.12.2013 ist der gesetzliche Zinssatz von 6 % hingegen verfassungsgemäß. Die Habenzinsen lagen in dieser Zeit in einer Bandbreite von 0,15 % bis 3,31 % und die Sollzinsen in einer Bandbreite von 1,8 % bis 9,62 %. Angesichts dieser Bandbreiten ist der gesetzliche Zinssatz von 6 % noch verfassungsgemäß.

Hinweis

Die aktuelle Entscheidung des FG ist ebenso wie die Entscheidung des BFH nur eine vorläufige Entscheidung. Eine abschließende Entscheidung über die Verfassungswidrigkeit kann nur das Bundesverfassungsgericht treffen. Dieses ist bislang aber noch nicht angerufen worden.

Der Beschluss des FG zeigt, dass Zinsfestsetzungen unbedingt durch einen Einspruch angefochten werden sollten. Dies betrifft nicht nur Zinszeiträume ab dem 1.1.2014, sondern auch frühere Zinszeiträume, weil derzeit noch nicht abgesehen werden kann, ob der Zinssatz von 6 % verfassungswidrig ist und ggf. ab welchem Zeitpunkt und in welchem Umfang er verfassungswidrig ist.

Für Zeiträume ab dem 1.4.2015 gewährt die Finanzverwaltung auf Antrag Aussetzung der Vollziehung, wenn gegen die Zinsfestsetzung Einspruch eingelegt wird. Denn für diesen Zeitraum gibt es die vorläufige Entscheidung des BFH, der von einer Verfassungswidrigkeit ausgeht (s. Hintergrund).

Quelle: FG Münster, Beschluss vom 31.8.2018 – 9 V 2360/18 E, Beschwerde beim BFH: VIII B 128/18, NWB

Hinweis: Dieser Artikel ist vom 02.11.2018. Bitte achten Sie darauf, dass Informationen zu der genannten Thematik bereits überholt sein könnten.

02.11.2018

NWB Rechnungswesen - BBK

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