05.12.2017
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat zu Gunsten der Unternehmer die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Rechnung für den Vorsteuerabzug gesenkt. Die in der Rechnung genannte Anschrift des Rechnungsausstellers muss nämlich nicht die Adresse sein, unter der er tatsächlich wirtschaftlich tätig ist, sondern es genügt eine bloße Briefkastenanschrift oder sog. statuarische Anschrift, z. B. die Anschrift laut Handelsregister.
Hintergrund: Der Vorsteuerabzug eines Unternehmers setzt voraus, dass er über eine ordnungsgemäße Rechnung des leistenden Unternehmers verfügt. Nach deutschem Recht muss der leistende Unternehmer in der Rechnung seinen vollständigen Namen und seine vollständige Anschrift angeben.
Sachverhalte: Der EuGH musste über zwei Fälle entscheiden, die ihm vom Bundesfinanzhof (BFH) zur Vorabentscheidung vorgelegt worden sind. In beiden Fällen ging es jeweils um unterschiedliche Kfz-Händler, die die Vorsteuer aus den Rechnungen zweier Online-Händler abziehen wollten. Der jeweilige Online-Händler (Lieferant) hatte in den Rechnungen jeweils eine Anschrift angegeben, unter der er zwar postalisch erreichbar war bzw. unter der er im Handelsregister angemeldet war, unter der er aber tatsächlich nicht wirtschaftlich aktiv war, weil er sein Kfz-Gewerbe von einem anderen Ort ausübte. Das Finanzamt erkannte daher in beiden Fällen die Vorsteuer des jeweiligen Kfz-Händlers nicht an.
Entscheidung: Der EuGH bejahte den Vorsteuerabzug in beiden Fällen:
Hinweise: Das Urteil des EuGH ist für deutsche Unternehmer enorm wichtig, weil es verhindert, dass das Finanzamt den Vorsteuerabzug mit dem Hinweis streicht, dass die in der Rechnung des Lieferanten angegebene Anschrift des Lieferanten nicht die Anschrift sei, unter der der Lieferant wirtschaftlich aktiv geworden sei. Der Leistungs- und Rechnungsempfänger hat dann häufig keine Chance, das Gegenteil zu beweisen. Künftig genügt es nun, dass der Rechnungsaussteller unter seiner in der Rechnung genannten Anschrift postalisch erreichbar war oder unter dieser Anschrift im Handelsregister eingetragen war.
Damit ist eine Billigkeitsentscheidung nicht mehr erforderlich. Es kommt also nicht darauf an, ob der Rechnungsempfänger hätte erkennen können, dass der Rechnungsaussteller unter seiner in der Rechnung angegebenen Anschrift gar nicht wirtschaftlich aktiv war.
Quelle: EuGH, Urteil vom 15.11.2017 – C-374/16 und C-375/16; NWB
Hinweis: Dieser Artikel ist vom 05.12.2017. Bitte achten Sie darauf, dass Informationen zu der genannten Thematik
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