06.05.2019

Vorsteuerabzug aus dem Einkauf von Billigkleidung

Der Bundesfinanzhof (BFH) hält es für ungeklärt, ob für den Vorsteuerabzug aus dem Einkauf von Kleidung im Niedrigpreissegment die Angabe der Warengattung wie z.B. Hosen oder Blusen ausreicht oder ob eine nähere Beschreibung der einzelnen Kleidungsstücke erforderlich ist. Der BFH hat aufgrund der ungeklärten Rechtslage Aussetzung der Vollziehung zugunsten des Unternehmers gewährt.

Hintergrund: Der Vorsteuerabzug setzt u.a. eine ordnungsgemäße Rechnung voraus, in der die Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände genannt wird.

Sachverhalt: Die Antragstellerin betrieb einen Großhandel mit Textilien im Niedrigpreissegment, d.h. im einstelligen Eurobereich. Sie machte den Vorsteuerabzug aus Rechnungen geltend, in denen die Textilien mit Angaben wie „Tunika, Hosen, Blusen, Top, Kleider, T-Shirt“ etc. bezeichnet waren. Das Finanzamt erkannte den Vorsteuerabzug nicht an, weil die Textilien nicht mit der handelsüblichen Bezeichnung in den Rechnungen genannt waren. Die Antragstellerin klagte hiergegen und beantragte die Aussetzung der Vollziehung.

Entscheidung: Der BFH gab dem Antrag statt:

  • Die Aussetzung der Vollziehung ist zu gewähren, weil es ungeklärt ist, welche Anforderungen an die Bezeichnung der Textilien zu stellen sind.
  • Einerseits verlangt das deutsche Recht eine handelsübliche Bezeichnung der Waren. Dies könnte mehr erfordern als nur die Angabe der Warengattung. So hat der BFH in der Vergangenheit bei einer Lieferung hochwertiger Uhren zum Einzelpreis von jeweils mehr als 5.000 DM die Bezeichnung „hochpreisige Uhren“ nicht als ausreichend angesehen, sondern eine handelsübliche Bezeichnung verlangt, die eine Identifizierung der einzelnen Uhren ermöglicht.
  • Andererseits ist das europäische Mehrwertsteuerrecht vorrangig, und dieses verlangt nur die Art der gelieferten Gegenstände. Dies könnte dafür sprechen, dass die Angabe der Gattung ausreicht und dass das deutsche Gesetz zu weit gefasst ist und zugunsten der Unternehmer einschränkend auszulegen ist.
  • Es wird daher im Klageverfahren abschließend entschieden werden, welche Anforderungen an die Rechnungen zu stellen sind. Bis zu dem Urteil wird Aussetzung der Vollziehung gewährt, so dass die Antragstellerin bis dahin die streitige Umsatzsteuer nicht zu zahlen braucht.

Hinweise: Die Rechtsprechung, insbesondere die des Europäischen Gerichtshofes, ist in den letzten Jahren deutlich unternehmerfreundlicher geworden und verlangt z.B. nicht mehr, dass die genaue Bezeichnung der erbrachten Leistung aus der Rechnung ersichtlich ist. Vielmehr kann sich die genaue Art der Leistung auch aus gesonderten Unterlagen ergeben, auf die nicht in der Rechnung Bezug genommen werden muss.

Für die Praxis empfiehlt es sich aber dennoch, möglichst präzise Warenbezeichnungen (z.B. Artikelnummer, Größe, Farbe, Modellbezeichnung) zu verwenden, um Streitigkeiten mit dem Finanzamt zu vermeiden.

Quelle: BFH, Beschluss v. 14.3.2019 – V B 3/19; NWB

Hinweis: Dieser Artikel ist vom 06.05.2019. Bitte achten Sie darauf, dass Informationen zu der genannten Thematik bereits überholt sein könnten.

06.05.2019

NWB Rechnungswesen - BBK

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