21.05.2019

Vorsteuerberichtigung bei Erfolglosigkeit des Unternehmers

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) muss entscheiden, ob ein Unternehmer die geltend gemachte Vorsteuer zu seinen Ungunsten berichtigen muss, wenn er mit seiner unternehmerischen Tätigkeit scheitert und dadurch die geplante umsatzsteuerpflichtige Verwendung misslingt. Der Bundesfinanzhof (BFH) hält eine Vorsteuerberichtigung zuungunsten des Unternehmers nicht für sachgerecht, hat allerdings den EuGH zur Klärung der Frage angerufen.

Hintergrund: Der Vorsteuerabzug setzt u.a. voraus, dass der Gegenstand, der angeschafft oder hergestellt wird, für umsatzsteuerpflichtige Umsätze verwendet wird. Wird der Gegenstand sowohl für umsatzsteuerpflichtige als auch für umsatzsteuerfreie Umsätze verwendet, wie z.B. ein Gebäude, das an Privatpersonen umsatzsteuerfrei und an Unternehmer umsatzsteuerpflichtig vermietet wird, kann die Vorsteuer nur anteilig abgezogen werden, und zwar auf der Basis der voraussichtlichen umsatzsteuerpflichtigen Umsätze. Ändert sich innerhalb von zehn Jahren das Verhältnis der umsatzsteuerpflichtigen zu den umsatzsteuerfreien Umsätzen, ist der Vorsteuerabzug zu berichtigen.

Sachverhalt: Die Klägerin betrieb ein Altenheim umsatzsteuerfrei. Sie errichtete 2003 eine Cafeteria, die sowohl den Heimbewohnern als auch Gästen zur Verfügung stehen sollte. Die Klägerin ging davon aus, dass 10 % der Umsätze der Cafeteria aus der Bewirtung an Heimbewohner und damit umsatzsteuerfrei erzielt werden sollte. Sie zog daher 90 % der Vorsteuern ab. Tatsächlich kam die Cafeteria bei den auswärtigen Gästen aber nicht gut an, so dass die Klägerin ab 2009 nur an die Heimbewohner umsatzsteuerfreie Umsätze ausführte; es blieb damit zwar bei der geplanten Höhe der Umsätze aus der Bewirtung gegenüber den Heimbewohnern; wegen des Wegfalls der umsatzsteuerpflichtigen Umsätze machten die Umsätze gegenüber den Heimbewohnern aber nun 100 % der Gesamtumsätze aus. Das Finanzamt verlangte daher eine Vorsteuerberichtigung zuungunsten der Klägerin.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) hält die Auffassung des Finanzamts für fragwürdig und hat deshalb die Sache dem EuGH vorgelegt:

  • Eine Vorsteuerberichtigung ist nach deutschem Recht geboten, wenn sich die Verhältnisse ändern, die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgeblich waren. Nach europäischem Recht kommt es darauf an, ob sich die Faktoren, die bei der Bestimmung des Vorsteuerabzugs berücksichtigt werden, geändert haben.
  • Im Streitfall hat sich zwar das Verhältnis der umsatzsteuerpflichtigen Umsätze zu den umsatzsteuerfreien Umsätzen geändert. Denn geplant waren 90 % umsatzsteuerpflichtige Umsätze und 10 % umsatzsteuerfreie Umsätze. Durch den späteren Wegfall der umsatzsteuerpflichtigen Umsätze blieben nur die umsatzsteuerfreien Umsätze übrig, die dadurch die alleinigen Umsätze waren und deshalb 100 % der Umsätze ausmachten.
  • Grund hierfür war die unternehmerische Erfolglosigkeit der Klägerin. Dies war vom Willen der Klägerin unabhängig und damit nicht geplant. Würde man die Erfolglosigkeit beim Vorsteuerabzug berücksichtigen, käme es zu willkürlichen Unterscheidungen beim Vorsteuerabzug.

Hinweise: Nach dem BFH kann die unternehmerische Erfolglosigkeit nicht zu einer Vorsteuerberichtigung zuungunsten des Unternehmers führen. Da der Streitfall aber die Auslegung europäischen Mehrwertsteuerrechts betrifft, muss nun der EuGH vorab entscheiden.

Quelle: BFH, Beschluss v. 27.3.2019 - V R 61/17; NWB

Hinweis: Dieser Artikel ist vom 21.05.2019. Bitte achten Sie darauf, dass Informationen zu der genannten Thematik bereits überholt sein könnten.

21.05.2019

NWB Rechnungswesen - BBK

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