30.07.2018

Wechsel von degressiver Abschreibung zur Abschreibung nach tatsächlicher Nutzungsdauer unzulässig

Ein Steuerpflichtiger, der sich für die Abschreibung in fallenden Jahresbeträgen (sog. degressive Abschreibung) entschieden und diese bereits in Anspruch genommen hat, darf nicht mehr zur Abschreibung nach der tatsächlichen Nutzungsdauer wechseln.

Hintergrund: Bei neu hergestellten Gebäuden, für die ein Bauantrag vor dem 1.1.1995 gestellt worden war, kann eine degressive Abschreibung vorgenommen werden. Die Abschreibung beträgt in den ersten acht Jahren jeweils 5 %, in den anschließenden sechs Jahren jeweils 2,5 % und in den folgenden 36 Jahren jeweils 1,25 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten. Statt der degressiven Abschreibung kommt entweder die lineare Abschreibung in Betracht, die bei Betriebsgebäuden 3 % jährlich beträgt, oder aber die Abschreibung nach der tatsächlichen Nutzungsdauer, wenn diese kürzer als 50 Jahre ist; bei einer tatsächlichen Nutzungsdauer von 20 Jahren würden dann also 5 % jährlich abgeschrieben werden.

Streitfall: Die Klägerin hatte auf ihrem Betriebsgrundstück im Jahr 1994 eine Kfz-Werkstatt errichtet und hierfür die degressive Abschreibung in Anspruch genommen. Der Restbuchwert zum 31.12.2008 betrug ca. 255.000 €. Im Jahr 2009 errichtete sie noch einen Anbau zu Herstellungskosten von ca. 85.000 €. Im Jahr 2009 ging die Klägerin von einer tatsächlichen Restnutzungsdauer der Werkstatt samt Anbau von zehn Jahren aus und machte eine Abschreibung nach der tatsächlichen Nutzungsdauer in Höhe von 10 % von 340.000 € (255.000 € + 85.000 €) und somit in Höhe von 34.000 € geltend. Das Finanzamt erkannte lediglich die degressive Abschreibung von 1,25 % auf der Basis der ursprünglichen Herstellungskosten von ca. 600.000 € an, erhöht um die Kosten für den Anbau in Höhe von 85.000 € (= 685.000 €; Abschreibung somit 8.562,50 €).

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) folgte der Auffassung des Finanzamts und wies die dagegen gerichtete Klage ab:

  • Zwar fehlt im Gesetz eine Aussage zur Frage, ob ein Wechsel von der degressiven Abschreibung zur Abschreibung nach der tatsächlichen Nutzungsdauer zulässig ist. Gegen einen Wechsel spricht auch nicht das Argument, dass der Steuerpflichtige deshalb bei der degressiven Abschreibung bleiben müsse, weil er zunächst deren Vorteile in Anspruch genommen habe und nun auch die Nachteile, nämlich den geringeren Abschreibungssatz, in Kauf nehmen müsse; denn bei einer geringeren tatsächlichen Nutzungsdauer kann die Inanspruchnahme der degressiven Abschreibung in den ersten Jahren durchaus nachteilig sein.
  • Entscheidend ist allerdings der Gedanke der Rechtsvereinfachung. Die degressive Abschreibung soll die Feststellung der tatsächlichen Nutzungsdauer überflüssig machen. Dieser Gedanke würde hinfällig werden, wenn der Steuerpflichtige zur Abschreibung nach der tatsächlichen Nutzungsdauer wechseln könnte.
  • Das Finanzamt hat die Abschreibung im Streitjahr richtig berechnet: Die ursprünglichen Herstellungskosten von 600.000 € sind um die Kosten für den Anbau in Höhe von 85.000 € zu erhöhen, so dass sich eine Bemessungsgrundlage von 685.000 € ergibt; hierauf ist die degressive Abschreibung von 1,25 % in Anspruch zu nehmen.

Hinweise: Bei der Berechnungsmethode wird nach 50 Jahren ein Restbetrag verbleiben. Der BFH hat offen gelassen, wie mit diesem Restbetrag umzugehen ist.

Bereits entschieden hat der BFH, dass ein Wechsel von der degressiven Abschreibung zur linearen Abschreibung, die bei betrieblichen Gebäuden von einer Nutzungsdauer von 33,3 Jahren ausgeht, unzulässig ist. Mit seinem neuen Urteil erweitert er diese Rechtsprechung auf den Wechsel von der degressiven Abschreibung zu einer Abschreibung nach der tatsächlichen Nutzungsdauer, die im Streitfall nach Angaben der Klägerin 24 Jahre betragen haben soll.

Steht nach Fertigstellung eines betrieblichen Gebäudes bereits fest, dass die tatsächliche Nutzungsdauer niedriger sein wird als 33,3 Jahre, empfiehlt sich von vornherein keine degressive Abschreibung, sondern eine Abschreibung nach der tatsächlichen Nutzungsdauer.

Quelle: BFH, Urteil v. 29.5.2018 - IX R 33/16, NWB

Hinweis: Dieser Artikel ist vom 30.07.2018. Bitte achten Sie darauf, dass Informationen zu der genannten Thematik bereits überholt sein könnten.

30.07.2018

NWB Rechnungswesen - BBK

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