09.01.2019

Anspruch des Erben auf Vergütung für nicht genommenen Jahresurlaub

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat zugunsten der Arbeitnehmer und ihrer Familien entscheiden, dass der Erbe eines Arbeitnehmers einen Anspruch gegen den Arbeitgeber auf Vergütung für den nicht genommenen Jahresurlaub hat. Damit widerspricht der EuGH der deutschen Regelung, nach der der Anspruch auf Jahresurlaub nicht vererbt werden kann und daher auch nicht gegenüber dem Erben zu vergüten ist. Die Entscheidung des EuGH gilt nicht nur gegenüber öffentlich-rechtlichen Arbeitgebern, sondern auch gegenüber privaten Arbeitgebern.

Hintergrund: Nach deutschem Recht muss ein Arbeitgeber den Jahresurlaub abgelten, wenn er wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr vollständig gewährt werden kann. Stirbt der Arbeitnehmer, ist der Anspruch auf den Resturlaub nicht vererbbar, so dass der Erbe nach deutschem Recht keinen Vergütungsanspruch gegen den Arbeitgeber hat. Nach europäischem Recht darf der bezahlte Jahresurlaub nicht durch eine finanzielle Vergütung ersetzt werden, außer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Sachverhalte: Der EuGH musste über zwei verschiedene Fälle entscheiden. Es ging jeweils um den Erben eines Arbeitnehmers, der bis zu seinem Tod den Jahresurlaub nicht vollständig genommen hatte. In einem Fall handelte es sich um einen öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber, in dem anderen Fall um einen privaten Arbeitgeber. Die Erben machten jeweils einen Anspruch auf Vergütung für den nicht genommenen Jahresurlaub geltend. Beide Fälle gingen zum Bundesarbeitsgericht, das den EuGH anrief.

Entscheidung: Der EuGH bejahte einen Vergütungsanspruch der Erben:

  • Nach der Charta der Grundrechte der EU hat jeder Arbeitnehmer einen Anspruch auf bezahlten Mindestjahresurlaub von 20 Tagen. Dieser Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub darf nur bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch eine finanzielle Vergütung ersetzt werden.
  • Die Charta der Grundrechte der EU gewährt dem Arbeitnehmer einen doppelten Anspruch: nämlich auf Urlaub und auf Bezahlung während dieser Zeit. Kann der Arbeitnehmer den Urlaub wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr nutzen, bleibt ihm wenigstens ein Anspruch auf Bezahlung. Auf den Grund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses kommt es nicht an.
  • Eine Regelung eines EU-Staates, die den Anspruch auf Bezahlung im Fall des Todes des Arbeitnehmers versagt, ist mit der Charta der Grundrechte der EU nicht vereinbar. Der Erbe des Arbeitnehmers kann sich daher unmittelbar auf die EU-Charta berufen, und zwar nicht nur gegenüber öffentlich-rechtlichen Arbeitgebern, sondern auch gegenüber privaten Arbeitgebern.

Hinweise: Das Urteil ist für die Erben deutscher Arbeitnehmer vorteilhaft, weil sie für den noch nicht genommenen Jahresurlaub ihres verstorbenen Angehörigen Gehalt beanspruchen können. Der EuGH folgt damit nicht der deutschen Rechtsprechung, die den Urlaubsanspruch für nicht vererbbar hält und deshalb dem Erben keinen Anspruch für den nicht genommenen Jahresurlaub einräumt.

Aus steuerlicher Sicht ist das Urteil für Arbeitgeber relevant, weil die Ansprüche der Erben bei der Bemessung der Urlaubsrückstellung zu berücksichtigen sind.

Quelle: EuGH, Urteil vom 6.11.2018 - C-569/16 und C-570/16; NWB

Hinweis: Dieser Artikel ist vom 09.01.2019. Bitte achten Sie darauf, dass Informationen zu der genannten Thematik bereits überholt sein könnten.

09.01.2019

NWB Rechnungswesen - BBK

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