24.01.2018

Grunderwerbsteuer bei Gesellschafterwechsel einer Personengesellschaft

Die Einräumung einer Vollmacht zur Ausübung der Rechte aus einem Anteil an einer Personengesellschaft sowie zur Veräußerung und Abtretung dieses Anteils stellt keine mittelbare Anteilsübertragung dar und löst somit keine Grunderwerbsteuer aus.

Hintergrund: Werden an einer Personengesellschaft, die Grundvermögen besitzt, innerhalb von fünf Jahren mindestens 95 % der Anteile auf neue Gesellschafter mittelbar oder unmittelbar übertragen, entsteht Grunderwerbsteuer. Die Grunderwerbsteuer bemisst sich dann nach dem Wert des Grundvermögens. Hat eine Personengesellschaft auch außerhalb des Finanzamtsbezirks ihrer eigenen Geschäftsleitung Immobilien, wird zunächst eine gesonderte Feststellung von dem Finanzamt, in dem sich ihre Geschäftsleitung befindet, durchgeführt. Die eigentliche Wertermittlung der Immobilien wird dann von den Finanzämtern, in deren Bezirken sich die Immobilien befinden, durchgeführt.

Streitfall: Die Klägerin war eine GmbH & Co. KG, die über Grundvermögen in verschiedenen Finanzamtsbezirken verfügte. An dem Vermögen der Klägerin war die X-KG zu 100 % beteiligt. Mit Vertrag vom 12.4.2005 übertrug die X-KG jeweils 47 % auf A und auf B, zusammen also 94 % und damit Anteile unterhalb der steuerschädlichen Grenze von 95 %. Diese Übertragung stand unter der aufschiebenden Bedingung der Eintragung von A und B als Kommanditisten im Handelsregister sowie der Kaufpreiszahlung. Der Kaufpreis wurde am 30.11.2005 gezahlt, und A und B wurden am 7.3.2006 als Kommanditisten in das Handelsregister eingetragen. Zuvor, am 25.5.2005, hatte die X-KG dem A und dem B eine unbefristete und unwiderrufliche Vollmacht erteilt: Danach durften A und B die Gesellschafterrechte bei der Klägerin ausüben, insbesondere das Stimmrecht; außerdem waren A und B berechtigt, den Kommanditanteil der X-KG an der Klägerin zu veräußern, auch an sich. Das Finanzamt ging von einer Grunderwerbsteuerpflicht der Klägerin aus, weil 94 % der Anteile unmittelbar und weitere 6 % im Wege der Vollmachtseinräumung mittelbar übertragen worden seien, und stellte die Grunderwerbsteuerpflicht auf den 25.5.2005, den Tag der Vollmachtseinräumung, gesondert fest.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt und hob den Bescheid über die gesonderte Feststellung auf:

  • Eine rechtmäßige gesonderte Feststellung setzt eine verbindliche und zutreffende Entscheidung über die Grunderwerbsteuerpflicht dem Grunde nach, über die möglichen Steuerschuldner, über die Finanzämter, die die Steuerfestsetzung durchführen müssen, sowie über den Zeitpunkt, auf den der Wert des Immobilienvermögens zu ermitteln ist, voraus.
  • Der Bescheid ist bereits deshalb fehlerhaft, weil zum 25.5.2005 keine Grunderwerbsteuerpflicht entstanden sein kann. Denn die Abtretung der Anteile von zusammen 94 % an A und B stand unter der aufschiebenden Bedingung der vollständigen Kaufpreiszahlung sowie der Eintragung von A und B als Kommanditisten im Handelsregister. Diese Bedingungen sind aber erst am 30.11.2005 und am 7.3.2006 erfüllt worden, so dass die Anteilsübertragung von 94 % erst am 7.3.2006 wirksam wurde. Damit konnte zum 25.5.2005 noch keine Anteilsübertragung erfolgt sein.
  • Selbst am 7.3.2006 ist keine Grunderwerbsteuerpflicht entstanden: Denn über die Anteile in Höhe von 94 % hinaus sind keine weiteren Anteile an der Klägerin übertragen worden. Insbesondere führte die Einräumung der unwiderruflichen und unbefristeten Vollmacht am 25.5.2005 nicht zu einer mittelbaren Anteilsübertragung von der X-KG auf A und B. Denn durch diese Vollmacht wurde A und B nur die Möglichkeit eingeräumt, die wesentlichen Gesellschafterrechte für die X-KG als Gesellschafterin wahrzunehmen. Die Gesellschafterrechte selbst sind nicht auf A und B im Umfang von 6 % übergegangen.

Hinweise: Sollten A und B von der Vollmacht Gebrauch machen, innerhalb des Fünfjahreszeitraums die verbleibenden Anteile im Umfang von 6 % - oder bereits von mindestens 1 % - auf sich zu übertragen, würde in diesem Moment Grunderwerbsteuer entstehen. Dann wären mindestens 95 % der Gesellschafteranteile auf neue Gesellschafter übergegangen.

Das Urteil macht deutlich, dass bei einer gesonderten Feststellung auch der Zeitpunkt der Entstehung der Grunderwerbsteuer zutreffend festgestellt werden muss. Nur dann ist gewährleistet, dass die einzelnen Finanzämter, die den Wert der Grundstücke nun ermitteln müssen, diese Ermittlung auch einheitlich auf denselben Zeitpunkt durchführen.

Quelle: BFH, Urteil vom 30.8.2017 - II R 39/15; NWB

Hinweis: Dieser Artikel ist vom 24.01.2018. Bitte achten Sie darauf, dass Informationen zu der genannten Thematik bereits überholt sein könnten.

24.01.2018

NWB Rechnungswesen - BBK

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