19.04.2018
Bei der Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschussrechnung kann ein Einkommensteuerbescheid zu Gunsten eines Unternehmers geändert werden, wenn die Umsatzsteuervorauszahlung zu Unrecht nicht im richtigen Jahr als Betriebsausgabe abgezogen und der entsprechende Einkommensteuerbescheid bestandskräftig geworden ist. Es handelt sich um eine widerstreitende Steuerfestsetzung, wenn der Betriebsausgabenabzug im richtigen Jahr erkennbar unterblieben ist.
Hintergrund: Zwar gilt bei der Einnahmen-Überschussrechnung das sog. Zu- und Abflussprinzip, so dass Ausgaben grundsätzlich erst bei Zahlung berücksichtigt werden. Eine Ausnahme besteht aber für sog. regelmäßig wiederkehrende Ausgaben, die noch das alte Jahr betreffen, aber innerhalb der ersten 10 Tage des Folgejahres fällig sind und bezahlt werden. Sie sind als Betriebsausgaben nicht erst im Folgejahr (bei Zahlung) abziehbar, sondern noch im alten Jahr. Dies betrifft z.B. die Mietzahlung für Dezember 2017, die bis zum 10.1.2018 geleistet wird, aber auch die Umsatzsteuervorauszahlung für November 2017, die im Fall einer Dauerfristverlängerung bis zum 10.1.2018 fällig ist und bezahlt wird; beide Beträge sind im Jahr 2017 als Betriebsausgabe abziehbar.
Streitfall: Der Kläger war Unternehmer und ermittelte seinen Gewinn durch Einnahmen-Überschussrechnung. Für die Umsatzsteuer hatte er eine Dauerfristverlängerung beantragt, so dass er die monatliche Umsatzsteuervorauszahlung jeweils erst zum 10. des übernächsten Monats leisten musste. Die Umsatzsteuer für November 2011 war somit am 10.1.2012 fällig und wurde vom Kläger auch am 10.1.2012 bezahlt. Damit hätte der Kläger die Umsatzsteuer für November 2011 als Betriebsausgabe im Jahr 2011 abziehen müssen. Tatsächlich machte er sie aber zu Unrecht nicht in seiner Gewinnermittlung für 2011 als Betriebsausgabe geltend. Im Rahmen einer sog. Intensiv-Prüfung, bei der das Finanzamt die Steuererklärung 2011 besonders gründlich prüfen soll, wurde dieser Fehler nicht bemerkt und die Einkommensteuer für 2011 zu hoch festgesetzt. Der Kläger machte nun - ebenfalls zu Unrecht - in seiner Einkommensteuererklärung für 2012 die Umsatzsteuervorauszahlung für November 2011 als Betriebsausgabe geltend. Das Finanzamt beanstandete dies zu Recht und versagte insoweit den Betriebsausgabenabzug. Der Kläger beantragte nun die Änderung des bereits bestandskräftigen Einkommensteuerbescheids 2011, die das Finanzamt jedoch ablehnte.
Entscheidung: Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg (FG) gab der Klage statt:
Hinweise: Die zeitliche Zuordnung von Umsatzsteuervorauszahlungen bereitet in der Praxis große Probleme, weil es nicht nur auf den Zahlungsabfluss ankommt. Dabei besteht für den Unternehmer die Gefahr, dass er den Betriebsausgabenabzug im richtigen Jahr zu Unrecht unterlässt und dann im falschen Folgejahr den Betriebsausgabenabzug nicht durchsetzen kann, weil es sich um das falsche Jahr handelt. Ist der Bescheid für das richtige Jahr materiell bestandskräftig und steht der Bescheid nicht unter dem Vorbehalt der Nachprüfung, bleibt nur noch die Möglichkeit der Änderung dieses Bescheids wegen einer widerstreitenden Steuerfestsetzung. Der vorgehende Fall zeigt, dass ein entsprechender Änderungsantrag Erfolg haben kann.
Quelle: FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 16.1.2018 - 13 K 13259/17, NWB
Hinweis: Dieser Artikel ist vom 19.04.2018. Bitte achten Sie darauf, dass Informationen zu der genannten Thematik
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