13.04.2017

Nachforderung der Umsatzsteuer in sog. Bauträgerfällen

Das Finanzamt kann von einem leistenden Bauunternehmer die Umsatzsteuer nachfordern, wenn der Bauunternehmer zu Unrecht davon ausgegangen ist, dass sein Vertragspartner (Bauträger und Leistungsempfänger) die Umsatzsteuer für ihn einbehält und an das Finanzamt abführt. Allerdings setzt die Erhöhung der Umsatzsteuer voraus, dass der leistende Bauunternehmer einen abtretbaren Anspruch gegen seinen Vertragspartner auf Zahlung der Umsatzsteuer hat. Das Finanzamt muss dann ein Angebot auf Abtretung annehmen.

Hintergrund: Im Jahr 2013 hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass das sog. Reverse-Charge-Verfahren, bei dem der Leistungsempfänger die Umsatzsteuer für den Bauunternehmer an das Finanzamt abführt, für Bauleistungen eines Bauunternehmers gegenüber einem Bauträger nicht gilt. Damit widersprach der BFH der Auffassung der Finanzverwaltung. Daher kommt es nun in vielen Fällen zu einer Rückabwicklung, weil nun der Bauunternehmer Umsatzsteuer nachzahlen muss und umgekehrt der Bauträger eine Erstattung der an das Finanzamt gezahlten Umsatzsteuer verlangen kann. Der Gesetzgeber hat die Rückabwicklung geregelt und lässt eine Nachforderung der Umsatzsteuer durch das Finanzamt gegenüber dem leistenden Bauunternehmer zu; dieser darf allerdings die Nachforderung durch eine Abtretung seines Anspruchs gegenüber dem Bauträger auf Zahlung der Umsatzsteuer erfüllen.

Sachverhalt: Der Kläger ist Bauunternehmer und erbrachte im Jahr 2012 Bauleistungen gegenüber einem Bauträger, die aufgrund der damaligen Verwaltungsauffassung dem Reverse-Charge-Verfahren unterworfen wurden, d.h. der Bauträger führte die Umsatzsteuer für den Kläger ab. Der Bauvertrag enthielt ein Abtretungsverbot. Nachdem der BFH seine Entscheidung zur Nichtanwendbarkeit des Reverse-Charge-Verfahrens in diesen Fällen im Jahr 2013 veröffentlicht hatte, forderte zum einen der Bauträger die Umsatzsteuer vom Finanzamt zurück. Zum anderen verlangte nun das Finanzamt die Umsatzsteuer vom Kläger. Der Kläger bot dem Finanzamt eine Abtretung seines Anspruchs gegen den Bauträger auf Zahlung der Umsatzsteuer an. Das Finanzamt lehnte die Abtretung mit der Begründung ab, der Kläger habe noch keine berichtigten Rechnungen an den Bauträger versandt.

Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) hielt die Nachforderung für rechtmäßig, verpflichtete das Finanzamt aber zur Annahme der Abtretung:

  • Aufgrund der Rechtsprechung des BFH im Jahr 2013 war das Reverse-Charge-Verfahren bei Bauleistungen gegenüber Bauträgern nicht anwendbar. Der Kläger hätte daher die Umsatzsteuer selbst an das Finanzamt abführen müssen. Das Finanzamt durfte daher nun die Umsatzsteuer vom Kläger nachfordern; denn die gesetzliche Neuregelung lässt eine Nachforderung gegenüber dem Bauunternehmer ausdrücklich zu.
  • Allerdings ist diese Änderung zu Lasten des Klägers nur zulässig, wenn der Kläger als leistender Bauunternehmer einen abtretbaren Anspruch auf Zahlung der Umsatzsteuer gegenüber dem Bauträger hat. Denn immerhin hat der Gesetzgeber in der Neuregelung über die Rückabwicklung den Vertrauensschutz ausgeschlossen. Eigentlich hätte sich der Kläger auf Vertrauensschutz berufen können, weil die Anwendung des Reverse-Charge-Verfahrens der damaligen Verwaltungsauffassung entsprach. Die Neuregelung lässt eine Abtretung des Anspruchs des Bauunternehmers auch ausdrücklich zu.
  • Zwar bestand im Streitfall ein Abtretungsverbot. Der Kläger konnte nun aber eine zivilrechtliche Anpassung des Bauvertrags verlangen, weil der Kläger und der Bauträger das Abtretungsverbot nicht vereinbart hätten, wenn sie von einer Steuerschuldnerschaft des Klägers ausgegangen wären. Die Rechtsprechung des BFH im Jahr 2013 führte zu einer schwerwiegenden Veränderung der Vertragsgrundlage.
  • Das Finanzamt muss die vom Kläger angebotene Abtretung annehmen. Das Finanzamt hat insoweit kein Ermessen. Es darf die Abtretung auch nicht mit der Begründung ablehnen, dass der Kläger noch keine berichtigte Rechnung mit gesondertem Umsatzsteuerausweis ausgestellt hat.

Hinweise:

Der BFH akzeptiert zwar zu Lasten der leistenden Bauunternehmer den gesetzlichen Ausschluss des Vertrauensschutzes. Dafür verpflichtet er aber das Finanzamt zur Annahme eines Abtretungsangebots, das der Bauunternehmer macht. Der Bauunternehmer wird damit im Ergebnis finanziell nicht belastet, weil er seine Umsatzsteuer durch eine Abtretung erfüllen kann.

Das Finanzamt muss die Abtretung übrigens auch dann annehmen, wenn der Bauunternehmer bereits gezahlt hat. Dies dürfte dann zu einem Rückzahlungsanspruch des Bauunternehmers führen.

Quelle: BFH, Urteil vom 23.2.2017 - V R 16/16 und V R 24/16

Hinweis: Dieser Artikel ist vom 13.04.2017. Bitte achten Sie darauf, dass Informationen zu der genannten Thematik bereits überholt sein könnten.

13.04.2017

NWB-Rechnungswesen - BBK

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