14.06.2017

Restschuldbefreiung nach einer Betriebsaufgabe

Kommt es bei einem Einzelunternehmer zu einer gerichtlichen Restschuldbefreiung im Rahmen eines Insolvenzverfahrens, so entsteht durch den Wegfall der Verbindlichkeit ein Gewinn, der grundsätzlich im Jahr der Rechtskraft des Gerichtsbeschlusses über die Restschuldbefreiung zu erfassen ist. Ist das Unternehmen aber bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgegeben worden, so wirkt die Restschuldbefreiung in das Jahr der Betriebsaufgabe zurück und erhöht den Aufgabegewinn bzw. mindert den Aufgabeverlust.

Hintergrund

Natürliche Personen können als Insolvenzschuldner einen Antrag auf Restschuldbefreiung stellen. Nach einer sog. Wohlverhaltensphase von sechs Jahren werden dann alle noch bestehenden Verbindlichkeiten durch Gerichtsbeschluss erlassen; dies bezeichnet man als Restschuldbefreiung. Gehörte die Verbindlichkeit zum Betriebsvermögen, entsteht dadurch ein Gewinn, weil die Verbindlichkeit auszubuchen ist. Eine Restschuldbefreiung gibt es auch im sog. Verbraucherinsolvenz- sowie im Planinsolvenzverfahren.

Sachverhalt

Der Kläger war Handelsvertreter und gab seinen Betrieb im Jahr 1995 auf. Im Jahr 1999 beantragte er die Eröffnung des Verbraucherinsolvenzverfahrens. Im Jahr 2006 beschloss das Insolvenzgericht die Restschuldbefreiung, die auch betriebliche Verbindlichkeiten aus der Handelsvertreterzeit in Höhe von ca. 170.000 DM umfasste. Das Finanzamt setzte einen entsprechenden Gewinn im Jahr 2006 an. Der Kläger hielt das Jahr 1995 für zutreffend.

Entscheidung

Der Bundesfinanzhof (BFH) gab dem Kläger Recht.

  • Zwar entsteht der Gewinn aufgrund der Restschuldbefreiung grundsätzlich erst im Jahr des gerichtlichen Beschlusses. Denn erst aufgrund des Beschlusses muss der Kläger seine Verbindlichkeiten nicht mehr erfüllen, auch wenn er sie noch erfüllen darf.
  • Anders ist dies aber, wenn das Unternehmen vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgegeben worden ist. Dann ist der Wegfall der Verbindlichkeiten im Rahmen der Aufgabebilanz gewinnerhöhend zu berücksichtigen. Die Restschuldbefreiung wirkt also steuerlich zurück auf den Stichtag der Aufgabebilanz.
  • Damit ist der Steuerbescheid für das Jahr der Betriebsaufgabe zu ändern. Diese Änderung ist möglich, weil bei einem sog. rückwirkenden Ereignis wie der Restschuldbefreiung eine eigenständige Verjährungsregelung greift.

Hinweise

Die Finanzverwaltung geht bislang davon aus, dass sich die Restschuldbefreiung stets erst im Zeitpunkt der Erteilung der Restschuldbefreiung auswirkt, also auch bei einer Betriebsaufgabe vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens. Dieser Auffassung hat der BFH nun widersprochen.

Aufgrund des Beschlusses über die Restschuldbefreiung wird die Verbindlichkeit wie eine verjährte Verbindlichkeit oder wie eine Spielschuld behandelt. Sie kann erfüllt werden, muss aber nicht erfüllt werden. Dies rechtfertigt es, sie gewinnerhöhend auszubuchen.

Quelle: BFH, Urteil vom 13.12.2016 – X R 4/15

Hinweis: Dieser Artikel ist vom 14.06.2017. Bitte achten Sie darauf, dass Informationen zu der genannten Thematik bereits überholt sein könnten.

14.06.2017

NWB-Rechnungswesen - BBK

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