02.03.2017

Umsatzsteuererstattung für Bauträger bei Rückabwicklung des Reverse-Charge-Verfahrens

Ein Bauträger, der zu Unrecht die Umsatzsteuer für den Bauunternehmer abgeführt hat, kann die Umsatzsteuer vom Finanzamt zurückverlangen, auch wenn er dem Bauunternehmer bislang die Umsatzsteuer nicht ausgezahlt hat.

Hintergrund: Bis in das Jahr 2013 hinein haben Bauträger, die Wohnungen errichteten und weiterverkauften, die Umsatzsteuer, die sie den für sie tätigen Bauunternehmern schuldeten, im Wege des sog. Reverse-Charge-Verfahrens für den Bauunternehmer an das Finanzamt abgeführt und dem Bauunternehmer nur den Nettopreis ausgezahlt; dies entsprach der damaligen Auffassung der Finanzverwaltung. Im Jahr 2013 hat der Bundesfinanzhof (BFH) dann aber entschieden, dass das Reverse-Charge-Verfahren für Bauträger gar nicht gilt, weil sie selbst keine Bauleistungen ausführen, sondern lediglich Wohnungen bzw. Häuser verkaufen. Daher kommt es nun in vielen Fällen zu einer Rückabwicklung, die in der Praxis Probleme bereitet, weil nun der Bauunternehmer dem Finanzamt Umsatzsteuer nachzahlen muss, die er aber noch vom Bauträger einfordern muss, während umgekehrt die Bauträger die Umsatzsteuer vom Finanzamt zurückverlangen kann.

Sachverhalt: Die Klägerin war Bauträgerin und ließ Eigentumswohnungen errichten, die sie anschließend verkaufte. Sie zahlte ihren Bauunternehmern, die die Wohnungen bauten, nur den Nettopreis aus und führte für sie die Umsatzsteuer an das Finanzamt im sog. Reverse-Charge-Verfahren ab. Nachdem der BFH im Jahr 2013 die Anwendbarkeit des Reverse-Charge-Verfahrens auf Bauträger verneint hatte, forderte die Klägerin die Umsatzsteuer vom Finanzamt zurück. Das Finanzamt lehnte die Erstattung ab, weil die Klägerin die Umsatzsteuer noch nicht an die Bauunternehmer gezahlt hatte.

Entscheidung: Das Finanzgericht Münster (FG) gab der Klage statt:

  • Das Reverse-Charge-Verfahren galt im Jahr 2013 nicht für Bauträger. Denn es war nur dann anwendbar, wenn der Leistungsempfänger selbst Bauleistungen erbrachte. Die Klägerin als Leistungsempfängerin erbrachte aber keine Bauleistungen, sondern verkaufte Wohnungen und führte damit Lieferungen aus. Damit hatte sie die Umsatzsteuer, die auf die Leistungen der Bauunternehmer entfiel, zu Unrecht an das Finanzamt abgeführt.
  • Der Umsatzsteuererstattungsanspruch der Klägerin hängt nicht davon ab, dass sie zunächst die Umsatzsteuer an die Bauunternehmer bezahlt. Es gibt keine Vorschrift, die die Auszahlung des Umsatzsteuerbetrags an den Bauunternehmer verlangt. Zwar hat der BFH hinsichtlich der Bauunternehmer entschieden, dass sie die Umsatzsteuer zunächst nicht zurückzahlen müssen, solange sie die Umsatzsteuer noch nicht vom Bauträger erhalten haben. Dieser Grundsatz lässt sich aber nicht auf den Bauträger übertragen.

Hinweis:

Das Urteil ist für Bauträger positiv, weil sie die Erstattung der Umsatzsteuer vom Finanzamt verlangen können, ohne zunächst den Umsatzsteuerbetrag an den Bauunternehmer bezahlen zu müssen. Denn oftmals ist zivilrechtlich gar nicht sicher, ob sie überhaupt zu einer Zahlung des Umsatzsteuerbetrags an den Bauunternehmer verpflichtet sind, wenn beide Vertragspartner von der Anwendbarkeit des Reverse-Charge-Verfahrens ausgegangen sind. Außerdem kann es sein, dass sich der Bauunternehmer bereits in Insolvenz befindet.

Für die Bauunternehmer, die nun Umsatzsteuer nachzahlen müssen, hat der Gesetzgeber eine Regelung getroffen, die der Rückabwicklung dienen soll. Danach sind die Bauunternehmer zwar grundsätzlich zur Nachzahlung der Umsatzsteuer an das Finanzamt verpflichtet; sie können aber ihren Nachzahlungsanspruch, der gegenüber dem Bauträger besteht, an das Finanzamt abtreten. Besonders problematisch bei dieser gesetzlichen Regelung ist, dass der Gesetzgeber den Vertrauensschutz der Bauunternehmer rückwirkend ausgeschlossen hat; denn die Anwendbarkeit des Reverse-Charge-Verfahrens entsprach der damaligen Verwaltungsauffassung und begründete eigentlich einen Vertrauensschutz.

Quelle: FG Münster, Urteil vom 31.01.2017 - 15 K 3998/15 U, Revision zugelassen, nach bisherigem Stand (20.02.2017) nicht eingelegt.

Hinweis: Dieser Artikel ist vom 02.03.2017. Bitte achten Sie darauf, dass Informationen zu der genannten Thematik bereits überholt sein könnten.

02.03.2017

NWB-Rechnungswesen - BBK

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