22.08.2017

Umsatzsteuerfreiheit für Fahrschulen?

Der Bundesfinanzhof (BFH) hält es für möglich, dass der Fahrschulunterricht umsatzsteuerfrei ist, und hat den Europäischen Gerichtshof (EuGH) um Klärung dieser Rechtsfrage angerufen.

Hintergrund

Nach dem deutschen Umsatzsteuerrecht sind nur bestimmte Unterrichtsleistungen umsatzsteuerfrei, z.B. der Unterricht durch Ersatzschulen, Hochschulen oder durch Privatschulen, die nach einer Bescheinigung der Kultusbehörde auf einen Beruf oder auf eine Prüfung vorbereiten. Nach dem europäischen Umsatzsteuerrecht wird jedoch neben dem Schul- und Hochschulunterricht auch der Unterricht durch andere Einrichtungen mit einer anerkannten vergleichbaren Zielrichtung von der Umsatzsteuer befreit, ebenso der von Privatlehrern erteilte Schul- und Hochschulunterricht.

Entscheidung

Der BFH verneint zwar eine Umsatzsteuerfreiheit nach dem deutschen Umsatzsteuerrecht, hält aber eine Umsatzsteuerfreiheit nach dem europäischen Umsatzsteuerrecht für möglich:

  • Der Fahrschulunterricht ist nicht nach dem deutschen Umsatzsteuerrecht steuerfrei. Denn es handelt sich bei einer Fahrschule weder um eine Ersatzschule noch um eine Hochschule oder berufsbildende Schule.
  • Allerdings könnte sich eine Umsatzsteuerfreiheit aus dem europäischen Umsatzsteuerrecht ergeben. Denn das europäische Umsatzsteuerrecht begünstigt grundsätzlich jede Aus- oder Fortbildung, die nicht den Charakter einer bloßen Freizeitgestaltung hat. Dies erfasst somit Fahrschulen, da der Besitz einer Fahrerlaubnis nicht nur für die Freizeit, sondern auch für viele Berufe erforderlich ist.
  • Jedoch verlangt das europäische Umsatzsteuerrecht einen Unterricht durch eine Einrichtung mit vergleichbarer Zielsetzung, wenn es sich nicht um eine typische Schule oder Hochschule handelt. Nach dem BFH dienen Fahrschulen zwar einerseits dem Gemeinwohlinteresse, da es um die Ausbildung sicherer, verantwortungsvoller und umweltbewusster Autofahrer geht; andererseits haben Fahrschulen im Gegensatz zu herkömmlichen Schulen und Hochschulen eine Gewinnerzielungsabsicht. Der EuGH muss nun entscheiden, ob Fahrschulen eine vergleichbare Zielsetzung wie reguläre Schulen haben.
  • Schließlich hält es der BFH auch für möglich, dass die europäische Umsatzsteuerfreiheit für den Schulunterricht durch Privatlehrer gilt. Der EuGH muss nun klären, ob zu den Privatlehrern auch Fahrschulen in der Rechtsform einer GmbH zählen.

Hinweise

Der BFH neigt zu einer Umsatzsteuerfreiheit, überlässt die Entscheidung aber dem EuGH. Denn das Umsatzsteuerrecht ist europarechtlich abgestimmt, so dass für die abschließende Klärung der EuGH zuständig ist. Dabei könnte den Fahrschulen zugutekommen, dass die Umsatzsteuerfreiheit nach dem europäischen Recht weiter geht als die Umsatzsteuerfreiheit nach dem deutschen Recht.

Soweit die Umsatzsteuerfestsetzung nicht ohnehin unter dem Vorbehalt der Nachprüfung steht, sollten Fahrschulen ihre Umsatzsteuerfestsetzung durch Einspruch offen halten, bis der EuGH die Rechtsfrage geklärt hat.

Quelle: BFH, Beschluss vom 16.03.2017 – V R 38/16

Hinweis: Dieser Artikel ist vom 22.08.2017. Bitte achten Sie darauf, dass Informationen zu der genannten Thematik bereits überholt sein könnten.

22.08.2017

NWB-Rechnungswesen - BBK

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